Wichtige Wegmarke, aber noch kein Wendepunkt: 10 Jahre Patientenrechtegesetz aus Sicht des Bundesverbandes Beschwerdemanagement für Gesundheitseinrichtungen e.V.

Oliver Gondolatsch, 1. Vorsitzender BBfG, beim Festakt 10 Jahre Patientenrechtegesetz in Berlin | (c) Holger Groß

„Im Arbeits­all­tag erle­ben Beschwer­de­ma­na­ge­rin­nen und Beschwer­de­ma­na­ger immer wie­der, dass Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten nur unzu­rei­chend über ihre Rech­te infor­miert sind und nicht wis­sen, wie sie die­se durch­set­zen kön­nen.“ Oli­ver Gon­do­latsch, 1. Vor­sit­zen­der des BBfG e.V. | Foto: © Hol­ger Groß

Pati­en­ten­rech­te und Gesund­heits­kom­pe­tenz
Als eine wich­ti­ge Weg­mar­ke bezeich­net Oli­ver Gon­do­latsch, 1. Vor­sit­zen­der des BBfG e.V., das Pati­en­ten­rech­te­ge­setz, das vor 10 Jah­ren in Kraft trat. Gleich­wohl ist es laut BBfG erst der Anfang einer Rei­he von Ver­bes­se­run­gen, die noch fol­gen müs­sen. „Das Gesetz war zwei­fel­los eine wich­ti­ge Weg­mar­ke auf dem Weg zu Pati­en­ten­rech­ten, indem es den Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten Ori­en­tie­rung gege­ben hat“, lau­tet sein Fazit. Wor­an es aller­dings noch feh­le, sei­en Anwend­bar­keit und Umset­zung in der Pra­xis: „In unse­rem Arbeits­all­tag erle­ben Beschwer­de­ma­na­ge­rin­nen und Beschwer­de­ma­na­ger immer wie­der, dass Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten unzu­rei­chend über ihre Rech­te infor­miert sind und nicht wis­sen, wie sie die­se durch­set­zen kön­nen“, so Oli­ver Gon­do­latsch. Die Lösung liegt nach Ansicht des BBfG vor allem im Auf­bau von Gesund­heits­kom­pe­tenz bei Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten.

Ein wesent­li­ches Defi­zit bleibt
Obwohl das Pati­en­ten­rech­te­ge­setz ver­trag­li­che Rech­te und Pflich­ten beim medi­zi­nisch-the­ra­peu­ti­schen Behand­lungs­ge­sche­hen erst­mals ver­an­ker­te, hat es ein wesent­li­ches Defi­zit nicht aus­ge­räumt: Beim Ver­hält­nis zwi­schen Arzt und Pati­ent gibt es fast immer eine erheb­li­che Infor­ma­ti­ons- und Wis­sens­un­gleich­ge­wicht. Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten sind medi­zi­ni­sche Lai­en, die sich in einer meist als anonym emp­fun­de­nen Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur in eine Behand­lung bege­ben, die sie nur unvoll­stän­dig beur­tei­len kön­nen. Ihnen gegen­über ste­hen Ärz­tin­nen und Ärz­te mit hohem Fach­wis­sen, sehr per­sön­li­chem Wis­sen über das Krank­heits­bild des Betrof­fe­nen und Voll­macht über die Behand­lungs­do­ku­men­ta­ti­on.

Höhe­re Gesund­heits­kom­pe­tenz für ein nach­hal­ti­ges Gesund­heits­sys­tem
Um die­ses Ungleich­ge­wicht zu besei­ti­gen, braucht es Gesund­heits­kom­pe­tenz. „In einem effi­zi­en­ten und nach­hal­ti­gen Gesund­heits­sys­tem kommt Gesund­heits­kom­pe­tenz eine Schlüs­sel­rol­le zu“, sagt Gon­do­latsch und ver­weist auf Stu­di­en, wonach infor­mier­te Pati­en­ten bei­spiels­wei­se the­ra­pie­treu­er sind. „Die Lösung kann des­halb nur in der kon­se­quen­ten Ver­mitt­lung von Gesund­heits­wis­sen lie­gen und dar­in, Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten zu ermäch­ti­gen, ihre Rech­te umfas­send wahr­zu­neh­men.“ Für den BBfG gilt schon lan­ge: Pati­en­ten­be­schwer­den sind eine Chan­ce für Ver­bes­se­run­gen. „Glei­ches für Gesund­heits­kom­pe­tenz: Sie ist eine Chan­ce für ein effi­zi­en­tes und pati­en­ten­ge­rech­tes Gesund­heits­sys­tem“, so Gon­do­latsch.

Arbeits­grup­pe für pra­xis­na­he Maß­nah­men
Der BBfG for­dert des­halb die Grün­dung einer Arbeits­grup­pe, um pra­xis­na­he Maß­nah­men für die Ver­mitt­lung von Gesund­heits­kom­pe­tenz und damit die Stär­kung der Rech­te von Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten zu ent­wi­ckeln. Eine füh­ren­de Rol­le des BBfG in die­sem Bereich liegt nahe: Schon jetzt neh­men Beschwer­de­ma­na­ge­rin­nen und Beschwer­de­ma­na­ger eine akti­ve Rol­le bei der Iden­ti­fi­ka­ti­on und Umset­zung von aus Pati­en­ten­sicht not­wen­di­gen Ver­än­de­run­gen und Ver­bes­se­rungs­pro­zes­sen in Kli­ni­ken und Kran­ken­häu­sern ein. „Unse­re jähr­li­che Bench­mark-Befra­gung zeigt, dass das Feed­back von Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten inten­siv genutzt wird“, sagt Gon­do­latsch. So zeigt der BBfG-Bench­mark, dass aus 100 Patient*innen-Beschwerden im Durch­schnitt 31 Ver­bes­se­rungs­maß­nah­men abge­lei­tet wer­den. Und in fast 60% der befrag­ten Kli­ni­ken und Kran­ken­häu­ser wird die Wirk­sam­keit der so initi­ier­ten Ver­bes­se­rungs­maß­nah­men regel­mä­ßig über­prüft.

Ver­knüp­fung mit Risi­ko­ma­nage­ment und Pati­en­ten­für­spra­che
Eine wei­te­re wich­ti­ge Maß­nah­me, die der BBfG anregt, ist die enge­re Ver­knüp­fung des Beschwer­de­ma­nage­ment mit dem Risi­ko­ma­nage­ment, da vie­le Beschwer­den hoch­re­le­vant für die Pati­en­ten­si­cher­heits­ent­wick­lung sind. Auch die ver­pflich­ten­de Ein­brin­gung der Fäl­le aus der Pati­en­ten­für­spra­che in die Sta­tis­ti­ken des insti­tu­tio­nel­len Beschwer­de­ma­nage­ments sind aus Sicht des BBfG in Zukunft not­wen­dig.

Unser Bil­der zei­gen Auf­nah­men vom Fest­akt “10 Jah­re Pati­en­ten­rech­te­ge­setz” des Beauf­trag­ten der Bun­des­re­gie­rung für die Rech­te der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, der am 27. Febru­ar 2023 in Ber­lin statt­fand. Wei­te­re Ein­drü­cke sowie eine Video­auf­zeich­nung fin­den Sie hier:

Fest­akt 10 Jah­re Pati­en­ten­rech­te­ge­setz & 17. Pati­en­ten­für­spre­cher­tag – Auf­zeich­nung und Bil­der – Der Beauf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung für die Belan­ge der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten (patientenbeauftragter.de)

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