“…ein Feedback das die Mitarbeiter extremst motiviert”
Die Erfolgsgeschichte eines (Gesundheits-) Unternehmens wird zu einem großen Teil von der Zufriedenheit seiner Kunden geprägt. Deshalb befragen wir Manager und Geschäftsführer von Kliniken, Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen zum Lob- und Beschwerdemanagement in Ihrem Haus.
Heute: Marcus Jahn, Geschäftsführer Israelitisches Krankenhaus Hamburg, zur Rolle des Lob- und Beschwerdemanagements in seinem Haus
Herr Jahn, was schätzen Sie an Ihrem Beschwerdemanagement?
Unser Lob- und Beschwerdemanagement ist Teil der Unternehmenskultur. Ich schätze und unterstütze die Arbeit unserer Beschwerdemanagerin Frau Steffens und des gesamten Teams im höchsten Maße und fördere dies, wo ich nur kann. Was mir besonders gut gefällt, ist die persönliche Interaktion, also die Rückmeldungen an Patienten und Angehörige. Diese Interaktion wirkt extremst wertschätzend. Nicht der formale Akt per Mail oder Papier, der gehört auch dazu, sondern die Tatsache, dass die Beschwerdebeauftragte, ein Chefarzt oder auch ich als Geschäftsführer uns an die Beschwerdeführer oder deren Angehörigen wenden und zum Ausdruck bringen, wie ernst wir die Beschwerde nehmen. Diese aktive Auseinandersetzung mit Lob und Kritik ist für mich Teil des „Kunden“-Managements und damit auch der Kundenbindung. Weitere wichtige Aspekte sind Risikomanagement und Unternehmensentwicklung.
Frage: Welchen Beitrag leistet das Beschwerdemanagement bei Ihnen zur Unternehmensentwicklung? Können Sie uns Beispiele für Verbesserungen bzw. Veränderungen nennen?
Besonders wichtig ist es, Lob an die betroffenen Abteilungen und Bereiche weiterzugeben. Das ist ein Motivationsfaktor, das kann man nicht hoch genug schätzen. Wir haben in unserer Klinik deutlich mehr Lob als Beschwerden und geben beides an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter. Frau Steffens und ich schreiben dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin, sei es ein Arzt, Pflegekraft oder Reinigungsmitarbeiterin und lassen sie auf diese Weise direkt am Lob teilhaben. Das ist ein Feedback, das die Mitarbeiter im höchsten Maße motiviert. Sehr konkrete Verbesserungen können wir zum Beispiel immer wieder erreichen, was das Aufnahme- und Wartezeitenmanagement betrifft. Wenn es hier Beschwerden gibt, besprechen wir das oft direkt zwischen Unternehmensleitung und den Abteilungen, gehen dann in den Dialog mit der Aufnahme, um eine Lösung zu finden. Ein weiteres, ganz einfaches Beispiel sind doppelte Erfassungen von Daten bzw. die Vermeidung doppelter Erfassungen. Da geht es auch um die Frage, was wir im Rahmen der Digitalisierung einfacher lösen können. Und zu guter Letzt: Das Beschwerdemanagement zeigt uns sehr deutlich, welche Bereiche und Abteilungen Potenziale haben, insbesondere wo unsere Stärken aber auch Schwächen liegen.
Frage: Wie motivieren Sie Patientinnen und Patienten, ihre Meinung zu äußern?
Jeder Patient bekommt schon in der prä-stationären Sprechstunde in seiner Patientenmappe den Lob- & Beschwerdebogen. Dann haben wir im gesamten Haus auf jeder Station großflächige Hinweise in Plakatform angebracht. Dort steht, wer im Haus für Lob und Kritik zuständig ist, außerdem finden Sie auf den Stationen nochmals unsere Flyer zum Thema.
Meines Wissens sind wir die einzige Klinik in Hamburg, die intensiv mit der Hamburger Verbraucherzentrale zusammenarbeitet und auf die Möglichkeit aufmerksam macht, den Patientenfürsprecher der Verbraucherzentrale zu kontaktieren. Krankenhäuser in Hamburg sind zur Beschäftigung eines Patientenfürsprechers nicht verpflichtet; wir halten diese Möglichkeit der externen Beschwerdebearbeitung jedoch für sehr wichtig und haben diese Funktion in unserem Hause bei der Verbraucherzentrale Hamburg etabliert. Unsere Patienten bekommen vermittelt: Lob und Beschwerden sind bei uns ausdrücklich gewünscht!
Frage: Gibt es Forderungen an die Politik, mit denen die Patientenorientierung in Kliniken und Gesundheitseinrichtungen noch besser unterstützt werden kann?
Ich wünsche mir eine „Wiederbelebung“ der gemeinsamen Erklärung (z.B. die Hamburger Erklärung), die ein patientenorientiertes Beschwerdemanagement zum Ziel hat. Diese freiwillige Selbstverpflichtung Hamburger Klinken zum Lob- und Beschwerdemanagement sollte bis vor wenigen Jahren den kontinuierlichen Verbesserungsprozess anregen und die Qualität der medizinischen Versorgung transparenter machen. Zu meinem größten Bedauern hat die Erklärung im Bewusstsein vieler Kliniken der Hansestadt keine Priorität mehr – nicht nur in Hamburg! Dabei sind Lob und Kritik für mich der Qualitätsindikator schlechthin und haben direkt mit Behandlungsqualität zu tun. Beschwerdemanagement sollte deshalb wieder stärker als gemeinschaftliche Aufgabe und gemeinsame Verpflichtung aller Krankenhäuser gedacht und gelebt werden.
Israelitisches Krankenhaus Hamburg
Orchideenstieg 14
D‑22297 Hamburg