Interview mit Dr. Andreas Goepfert, Geschäftsführer Städtisches Klinikum Braunschweig
Die Erfolgsgeschichte eines (Gesundheits-) Unternehmens wird zu einem großen Teil von der Zufriedenheit seiner Kunden geprägt. Deshalb befragen wir Manager und Geschäftsführer von Kliniken, Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen zum Lob- und Beschwerdemanagement in Ihrem Haus.
Heute: Dr. med. Andreas Goepfert, Geschäftsführer Städtisches Klinikum Braunschweig gGmbH, zur Rolle des Lob- und Beschwerdemanagements in seinem Haus und zur Idee eines systemischen Mehrwerts durch mehr Vergleichbarkeit
Herr Dr. Goepfert, was schätzen Sie an Ihrem Beschwerdemanagement?
Unser Beschwerdemanagement war und ist gelebter Teil unserer Unternehmenskultur und damit seit vielen Jahren fester Bestandteil unseres gesamten Kommunikationsprozesses. Das Städtisches Klinikum Braunschweig ist nach DIN ISO 9001 zertifiziert, entsprechend ist unser Beschwerdemanagement ein ganz fester Teil im gesamten Qualitätsmanagement-Prozess. Diesen festen Platz hatte es übrigens auch schon lange vor dieser Zertifizierung. Entsprechend schätze ich die Arbeit unseres Qualitäts- und Beschwerdemanagements im höchsten Maße; beide Seiten arbeiten Hand in Hand, profitieren stark voneinander, von den Ergebnissen dieser Zusammenarbeit wieder profitieren alle Mitarbeitenden und natürlich unsere Patientinnen und Patienten.
Wie gehen Sie mit Beschwerden um?
In der Praxis sieht es so aus, dass Beschwerden, ebenso wie natürlich Lob, standardisiert und zugleich wertschätzend dem jeweiligen Beschwerdeführer oder der jeweiligen Beschwerdeführerin gegenüber aufgenommen werden. Innerhalb von 24 Stunden erfolgen der Erstkontakt sowie die Rückmeldung. Dabei geht es darum, sich den Sachverhalt zunächst einmal anzuhören und zum Ausdruck zu bringen, dass wir jegliche Kritik, sei sie positiv oder negativ, gerne aufnehmen. Die Beschwerde fließt dann in unsere IT ein und wird dort standardisiert weiterverarbeitet. Diese Standardisierung sichert nicht nur die Aufklärung des jeweiligen Beschwerdetatbestandes, sondern stellt auch sicher, dass wir die nötigen Konsequenzen aus der Beschwerde oder dem Lob ziehen, uns also weiterentwickeln. Die standardisierte Verarbeitung aller Beschwerden erlaubt es uns zum Beispiel, intern unterschiedliche Adressaten per Mail zu informieren und Stellungnahmen einzufordern. Auch ist während des gesamten Prozesses sichergestellt, dass es kontinuierlich eine Rückkopplung mit den Beschwerdeführern gibt. Meist verläuft die Kommunikation so zufriedenstellend, dass keine weitere Eskalation stattfindet. Stattdessen klären wir die Beschwerden zeitnah und vor allem gemeinschaftlich.
Welchen Beitrag leistet das Beschwerdemanagement bei Ihnen zur Unternehmensentwicklung? Können Sie uns Beispiele für Verbesserungen bzw. Veränderungen nennen?
Die standardisierten Prozesse ermöglichen dokumentierte Verbesserungen. Es gibt jährliche Reports, also Jahresberichte, die auch innerhalb der Klinikleitung präsentiert und besprochen werden. Dabei gehen wir pointiert auf Hauptthemenbereiche ein und hinterfragen, ob und inwieweit wir uns in den letzten Jahren in die richtige Richtung weiterentwickelt haben. Ein „Hotspot“ für stetige Verbesserungen ist – so wie vermutlich in vielen Kliniken – unsere Notaufnahme. Dort kommt es, bedingt durch die Triage, zu Wartezeiten für unsere Patienten. Wir haben interessanterweise die Erfahrung gemacht, dass diese Wartezeiten meist gar nicht der Anlass für Beschwerden sind. Diese werden durchaus in Kauf genommen, weil die Patienten anschließend professionell behandelt werden. Allerdings kommt es vor, dass Patienten auf längere Wartezeiten – die eben einfach vorkommen – nicht eingestellt sind. Wer Durst hat, für den stehen Getränkeautomaten bereit. Angeregt durch entsprechende Eingaben haben wir uns ebenfalls gefragt, was wir tun können, wenn Patienten hungrig werden. So kam es, dass wir uns entschieden, in der Notaufnahme einen – nicht öffentlich zugänglichen – Kühlschrank einzurichten, in dem nun Sandwiches und kleine Snacks aufbewahrt werden. Diese werden bei Bedarf kostenlos an Patientinnen und Patienten ausgeben. Dieser Service erleichtert den Patientinnen und Patienten ihren meist nicht planbaren Aufenthalt in unserer Notaufnahme.
Wie motivieren Sie Patientinnen und Patienten, ihre Meinung zu äußern?
Selbstverständlich werden alle Informationen zu unserem Beschwerdemanagement den Patientinnen und Patienten beim Aufnahmeprozess bekanntgegeben. Und wir gehen sehr offensiv mit der Möglichkeit um, Feedback zu geben – sei es telefonisch, per Mail oder auch mittels Beschwerdebogen. Auch ist sichergestellt, dass innerhalb von 24 Stunden ein Rückkontakt an den Beschwerdeführer oder Ideengeber erfolgt.
Gibt es Forderungen an die Politik, mit denen die Patientenorientierung in Kliniken und Gesundheitseinrichtungen noch besser unterstützt werden kann?
Ich finde es sehr wichtig, dass alle Gesundheitseinrichtungen ab einer gewissen Größe ein System des Lob- und Beschwerdemanagements vorhalten. Wir gewinnen viele und gute Erkenntnisse aus unserem systematisierten Beschwerdemanagement. Allerdings beziehen sich alle diese Erkenntnisse auf Einzelhäuser – es gibt keinen systemischen Mehrwert.
Eine Verbesserung wäre aus meiner Sicht eine themenbezogene Vergleichbarkeit aller dieser Daten, beispielsweise Erkenntnisse zu Häufungen bestimmte rBeschwerden. Ein systematischer, übergreifender Umgang mit allen diesen Daten könnte meines Erachtens dazu führen, in unserem Gesundheitssystem die richtigen Rückschlüsse zu ziehen und politische Änderungen herbei zu führen. Das bedeutet: Zu sehen, hier haben wir eine Unzufriedenheit bei den Patientinnen und Patienten, daraus resultierend vielleicht eine Unzufriedenheit bei den Krankenkassen, und die Krankenhäuser sind nicht zufrieden, weil das in dem System immer wieder zu einer Unruhe führt. Und sich dann zu fragen, was können wir im Gesundheitswesen diesbezüglich strukturell ändern? Das könnte ein guter Ansatz sein.
Städtisches Klinikum Braunschweig gGmbH
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