Wer möchte schon entmutigt und ohne Lösungsansatz aus einem schwierigen Patientengespräch kommen? Im stressigen Krankenhausalltag kann das Instrument der Reflexion helfen, einen klareren Blick auf die Situation zu gewinnen. „Prüfendes und vergleichendes Nachdenken“, so umschreibt Wikipedia den Begriff Reflexion.
Stellen Sie sich vor, Sie begeben sich auf einen Berg. Von dort aus schauen Sie mit einem Fernrohr in die Ferne und können die zurückliegenden Interaktionen und Gründe für den oder die Konflikte besser erkennen. Das kann ein Gespräch mit Patienten oder deren Angehörigen gewesen sein, das plötzlich in Unstimmigkeiten mündete. Im Nachhinein fragt man sich, ob man anders oder aktiver hätte handeln können. Genau darum geht es: Handlungen und Entscheidungen aus einer objektiven Perspektive zu betrachten. Das kann bedeuten, eine Patientenbeschwerde aus der Sicht der Patientin oder des Patienten zu sehen und zu verstehen, was zu ihrer oder seiner Unzufriedenheit geführt hat.
Interner Prozess vs. neue Perspektiven
Anders gesagt: Denken ist ein interner Prozess, bei dem Informationen aufgenommen und verarbeitet werden. Durch Reflexion hingegen betrachten Sie einen Vorfall objektiv und gewinnen im besten Fall neue Perspektiven, ohne sich von negativen Emotionen leiten zu lassen. Diese wertfreie Betrachtung stellt ein Lernpotenzial dar, bei dem es nicht darum geht, Fehler aufzuzählen, sondern handlungs- und veränderungsbereit zu bleiben.
Die folgenden Reflexionsmethoden können die Fähigkeit zur Reflexion stärken:
Das Perspektivenrad: Notieren Sie den Reflexionspunkt in der Ich-Form in die Mitte eines Zettels, beispielsweise: Das Gespräch zur Beschwerde XY mit Person ABC hat mich frustriert. In den vier Ecken um den Kernpunkt werden verschiedene Perspektiven eingetragen:
- Fakten: neutrale Informationen zur aktuellen Beschwerde — keine emotionalen Wertungen
- Emotionen: Unsicherheit, Empathie, Begeisterung, Hoffnung
- Optimismus: Potenzielle Verbesserungen oder Lösungen
- Kreativität: Hier werden neue Ansätze und Ideen für das Beschwerdemanagement gesammelt
Blickrichtung ändern: Haben Sie schon einmal den Platz in Ihrem Arbeitsraum gewechselt? Allein dadurch können Sie Ihre Kommunikation und Ihre Wahrnehmung unwillkürlich verändern. Neue Perspektiven eröffnen sich und können den Umgang mit Lob und Beschwerden beeinflussen.
Erzählerperspektive einnehmen: Nehmen Sie sich einen Moment und versuchen Sie, die Situation aus der Sicht einer Patientin, eines Patienten oder eines Angehörigen zu sehen. Was könnte diese über ihre Erfahrungen berichten? Notieren Sie diese Gedanken. Wie wirkten Sie oder das Team auf sie oder ihn? Welche Aspekte waren besonders wichtig?
Die Vogelperspektive ist ein häufig verwendetes – und sprichwörtliches – Instrument der Selbstreflexion. Das Konzept zielt darauf ab, sich selbst und seine Situationen aus einer entfernten, übergeordneten Perspektive zu betrachten, eben wie ein Vogel, der aus der Höhe auf die Landschaft blickt. Nehmen Sie sich einen Moment, um sich geistig von der erlebten Situation zu distanzieren und sich vorzustellen, wie Sie aus einer erhöhten Sicht darauf blicken. Von dort erkennen Sie alle Beteiligten und die Dynamik der Situation, während Sie versuchen, Emotionen und vorgefertigte Meinungen beiseitezulassen. Analysieren Sie Muster und beeinflussende Faktoren und bewerten Sie dann mögliche Handlungsweisen, die in diesem Kontext sinnvoll erscheinen. Überlegen Sie, welchen Rat Sie jemandem in Ihrer Position geben würden. Schließlich kehren Sie mit den gewonnenen Erkenntnissen in Ihre persönliche Perspektive zurück.
Reflexion ein machtvolles Denkwerkzeug, das es ermöglicht, Handlungsspielraum, Effektivität und Gelassenheit im Umgang mit Lob und Beschwerden zu gewinnen. Wir haben Ihnen an dieser Stelle einen kurzen, ersten Einblick in einige Methoden gegeben. Um mehr zu erfahren, verweisen wir auf das fundierte Fort- und Weiterbildungsprogramm des BBfG, das eine Reihe von Seminaren und Workshops bietet, die speziell auf die Bedürfnisse des Lob- und Beschwerdemanagements zugeschnitten wurden.